Erschöpfte Mütter - ein Rückblick auf die Tagung "MutterNacht" (2)
Nachlese zum Vortrag von Yvonne Bovermann
Yvonne Bovermann ist Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Das Müttergenesungswerk ist eine deutsche Organisation, die sich auf vielfältige Weise dafür einsetzt, dass Mütter, Väter und pflegende Angehörige gesund werden und gesund bleiben. Es bietet Beratungsangebote und Programme zur Erholung und Rehabilitation an, die darauf abzielen, sowohl physische als auch psychische Gesundheitsprobleme zu bewältigen. Neben Müttern können auch Väter gemeinsam mit ihren Kindern an den Programmen teilnehmen.
Yvonne Bovermann schildert in ihrem Vortrag die erschöpfte Verfassung der heutigen Mütter. Laut einer Studie ist jede zweite Mutter erheblich belastet, wobei die Verteilung von Aufgaben in der Familie als Hauptursache gilt. Der Mental Health Report 2022 verdeutlicht, wie die Covid-19-Pandemie den Druck auf Mütter weiter verstärkte. Für 44 % der Frauen führten die Auswirkungen von Corona zu zusätzlichen Herausforderungen und Lebensproblemen, wobei insbesondere Mütter unter einem erhöhten Stressniveau während der Pandemie litten. Speziell während des Lockdowns trugen Home-Office und Home-Schooling zusätzlich zu den Belastungen bei, was die ohnehin herausfordernde Situation für viele Mütter weiter verschärfte.
Die Patienten*innen, die das Müttergenesungswerk aufsuchen, bringen verschiedene Belastungen mit, wobei der ständige Zeitdruck als die herausforderndste empfunden wird. Dieser wird von weiteren Faktoren begleitet, darunter berufliche Belastungen, Vereinbarkeit von Kindern und Beruf sowie mangelnde Anerkennung.
Diese Belastungen äußern sich in den verschiedensten Formen, angeführt von psychischen Störungen wie Erschöpfungszuständen, Burn-Out oder Angstzuständen über physische Störungen wie Rückenschmerzen, Arthrose oder Bandscheibenschäden bis hin zu Störungen des Nervensystems und viele mehr. Die Liste der gesundheitlichen Auswirkungen aufgrund von Überlastung ließe sich noch weiter fortsetzen.
Alarmierend sei laut Bovermann, dass jede Mutter bzw. jeder Vater, die*der eine Kur im Müttergenesungswerk genehmigt bekommt, über 3 Krankheitsindikationen verfügt.
Der ständige Zeitdruck wird von den vielen Belastungen, als die herausfordernste empfunden.
Frau Bovermann unterstreicht abschließend die zentralen Forderungen des Müttergenesungswerks, darunter die Notwendigkeit einer Erhöhung der verfügbaren Klinikplätze sowie einer verbesserten Finanzierungsregelung. Sie betont die Erfordernis von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, die den individuellen Bedürfnissen von Müttern, Vätern und Pflegenden gerecht werden. Sie nimmt Politik und Gesellschaft in die Pflicht und fordert verstärkte Bemühungen zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Sorgearbeit-Leistenden, einschließlich struktureller Maßnahmen zur nachhaltigen Reduzierung ihrer Belastungen.
Podiumsdiskussion & Fragen
In der Podiumsdiskussion mit Frau Dr. Schutzbach und Frau Bovermann wurden folgende Fragestellungen diskutiert:
Die Podiumsdiskussion fokussiert sich darauf, wie unsere Gesellschaft mit den Alarmsignalen der erschöpften Mutterschaft umgehen kann und welche Handlungsoptionen zur Verfügung stehen. Als Lösungsansatz wird vorgeschlagen, die Herausforderungen anzunehmen, das Bewusstsein für die Thematik in der Gesellschaft zu schärfen und aktiv Maßnahmen zu ergreifen. Gleichzeitig braucht es auch Geduld, die Situation auszuhalten, denn realistischerweise wird sich dieses, über Generationen gewachsene, System nicht auf schnellem Wege verändern.
Auf dem Podium wurde außerdem über das Phänomen der Helikoptereltern gesprochen: Eltern, die den Anspruch haben, perfekt zu sein und ihre Kinder optimal zu fördern, dabei jedoch in einem Maße gestresst sind, dass es weder für sie selbst noch für das Kind wohltuend ist. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft an die Eltern hat beträchtlich zugenommen, und im Vergleich zu früher liegen viele Lernaufgaben, die einst in die Schule ausgelagert wurden, heute in der Verantwortung der Eltern. Social Media verstärkt diesen Druck zusätzlich, indem es Bilder von scheinbar perfekten Müttern suggeriert, die nicht nur ihre Kinder optimal fördern und perfekt erziehen, sondern auch noch top-gestylt in einem perfekten Haushalt leben.
Meine Schlüsse aus dieser Diskussion:
Nach der Diskussion auf dem Podium habe ich für die „fit for family“-Elternbildung die Idee aufgegriffen, ein Angebot für Eltern zu schaffen. Meine Vorstellung ist, eine Anleitung zur Rabenmutter oder zum Rabenvater zu entwickeln – mit der klaren Botschaft: „Du bist gut genug, so wie du bist!"
Weiterführende Links
Mehrteiliger Beitrag
Erschöpfte Mütter - ein Rückblick auf die Tagung MutterNacht (1). Nachlese zum Vortrag von Dr. Franziska Schutzbach
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