Damit die Begeisterung bleibt

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Der Sommer ist nun vorbei, wir sind Menschen begegnet, konnten die lauen Sommerabende genießen und haben den Sommerregen inhaliert. Vielleicht waren wir auf Reisen, in anderen Kulturen, sind über uns hinausgewachsen und haben Berge bestiegen. Haben am See die Sonne genossen oder sind ins kalte Meer gesprungen. Haben uns ein Eis schmecken lassen und die Seele konnte baumeln.
 

Die großen Fragen

Und jede Woche, die verging, bedeutete auch, dass die Ferien kürzer werden und der September näher rückt. Es wird bald losgehen.
Vorbereitungen, zuerst im Kopf und später am Schreibtisch, werden getroffen, mit gemischten Gefühlen dem Schulstart entgegengeblickt.
Und dann ist er da, der erste September. All inclusive. Mit Motivation. Angst. Sorge. Freude. Neugier. 

Zu Beginn des Schuljahres bzw. des Kindergartenjahres sollten neben Fragen zur Diensteinteilung, Stundenplanerstellung und Klasseneinteilung, zur ersten Schulwoche, zur Eingewöhungszeit und Terminfindungen für Elternabende, noch andere Fragen Platz haben:

  •  Wie können wir dieses Arbeitsjahr für uns gut und selbstfürsorglich gestalten? 
  • Wie können wir es schaffen, diese Vorfreude und Motivation zu bewahren?  
  • Wie können wir mit all den Herausforderungen, Schwierigkeiten, schweren Tagen und sorgenvollen Blicken auf einige Schüler*innen umgehen?
  • Wie können wir als Berufseinsteiger*innen und Junglehrer*innen das Feuer in uns und die Euphorie sowie unsere Motivation, in die Schule bzw die elemare Bildungeinrichtung tragen?
  • Wie können wir, die schon lange im Dienst sind, junge Kollegen*innen unterstützen?

Die Antworten auf diese Fragen sind sehr individuell und jede*r Leser*in kann sich diese selbst überlegen. Vielleicht jetzt gleich vor dem Weiterlesen des Artikels, oder gemeinsam beim ersten Kaffee mit Kollegen*innen.  

Einige Impulse aus der Neuen Autorität können eine Unterstützung bei der Beantwortung der Fragen sein. Sätze, die man sich einstecken kann und die zum Austausch anregen.
 

Ein Team von ca 15 Personen sitzt in einem Drachenboot beim Rudern.

Ich bin nicht allein

Diese Aussage ist ein wesentlicher Grundsatz der Neuen Autorität und auch ein Motto in manchen Konferenzzimmern. Dieses Gefühl, dass jemand hinter einem steht, dass man in schwierigen Situationen jemanden rufen kann und nicht allein ist, verändert etwas in unserem täglichen Tun. Es gibt Sicherheit und Stärke, um gute und professionelle Arbeit leisten zu können und dabei die eigenen Grenzen zu wahren.

Eingebunden zu sein in ein Team, in dem man sich offen austauschen kann, über Sorgen, Ängste und Erfolge ist etwas sehr Besonderes. Teil eines Teams zu sein, in dem man Fehler zeigen darf und Unterstützung bekommt, ist ein sehr beruhigendes Gefühl, und verringert die Überforderung – und somit die Eskalation.

In einer Schule ein Team um sich zu haben, das sich für alle Schüler*innen (und nicht nur die der eigenen Klasse) zuständig fühlt, verändert das Miteinander. Schüler*innen erfahren, dass die Erwachsenen zusammenhalten und sich transparent austauschen – stets mit dem Ziel einer gewaltfreien Umgebung für alle Beteiligten und dem bestmöglichen Beitrag für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen.

Was benötigt ein Team, um gut in die gegenseitige Unterstützung zu kommen?

  1. Strukturen für einen regelmäßigen Austausch z. B. in Form von Teamsitzungen. Diese sind zeitlich begrenzt, sehr gut vorbereitet und konsequent moderiert. Themen können organisatorischer Natur sein, oder man reflektiert gemeinsam den gewaltfreien Umgang mit einzelnen Kindern und erarbeitet Möglichkeiten und Entlastungsszenarien.
  2. Pädagogen*innen, die ihr Verhalten beobachten, reflektieren und bereit sind für Veränderungen.
  3. Ein Team, das eine Kultur der Achtsamkeit und Fehlerfreundlichkeit lebt. Mit gegenseitigem, respektvollem Feedback an oberster Stelle.
Schriftzug WELCOME auf einem kleinen Holzbrettchen neben einer Hyazinthe

Ich bin und bleibe da!

Präsenz und Beziehung sind wohl der wesentlichste Faktor im Umgang mit Menschen. Egal ob jung oder alt. Ob zuhause oder im Beruf.
In der Schule oder im Kindergarten bedeutet dies, als Team und auch als Einzelpersonen präsent zu sein. Das kostet Energie und Kraft, aber es lohnt sich. Und es ist wunderbar, mit diesen jungen Menschen in Verbindung zu sein. 

Wie kann Präsenz im Schulhaus konkret spürbar werden?

  1. Zum Schuljahresbeginn könnten diese Aussagen Teil der Begrüßung sein:
    „Herzlich willkommen an unserer Schule. Schön, dass ihr da seid. Wir finden es toll, dass ihr Teil von unserer Schule seid. Uns ist wichtig, dass wir aufeinander schauen und eine gute Schulgemeinschaft pflegen.“ Diese Haltung schafft Verbundenheit und erzeugt Identität. Bei Schüler*innen und den Lehrpersonen.
  2.  Eine Möglichkeit, Präsenz im Alltag zu zeigen, ergibt sich beim Ankommen der Schüler*innen in der Früh. Hier können Schüler*innen von der Schulleitung und von Lehrer*innen willkommen geheißen werden. Das Ganze nimmt maximal 15 Minuten in Anspruch und hat einen großen Effekt. Jede*r Schüler*in fühlt sich willkommen und wahrgenommen. Die Schulleitung ist präsent und zeigt sich offen. Das sind gute Voraussetzungen für eine Vertrauenskultur und Probleme können präventiv in Angriff genommen werden. 
  3. Neben allen To-dos, die in Pausenzeiten als Lehrperson zu erledigen sind, kann eine bewusste Präsenz in großen und kleinen Pausen viel bewirken. Mit Schüler*innen ins Gespräch zu kommen, über Alltägliches oder Spezifisches, stärkt die Beziehung. Durch Präsenz in den Pausen wird den Schüler*innen die Botschaft vermittelt: „Wir sind da und schauen uns um. Wir schauen hin. Bei Ungerechtigkeiten, bei Beschimpfungen und bei Gewalt. Weil ihr uns wichtig seid.“
    Wichtige Grundbotschaften, die das Lernen und Lehren erleichtern und die Gemeinschaft stärken. 
Zwei Palmen am sandigen, sonnigen Südstrand. Im Hintergrund das türkise Meer.

Ich habe mich unter Kontrolle

Es gibt Situationen, die bringen uns auf die Palme, die lassen uns ausflippen und verleiten uns dazu, nicht angemessen zu reagieren und aus unserer Rolle und Verantwortung zu schlüpfen. Das passiert und das ist menschlich. Nur mit persönlicher Reflexion ist hier persönliche Weiterentwicklung möglich – und notwendig. 

Die Frage ist, wie damit umgegangen wird, wenn ich unkontrollierte Aussagen tätige, Kinder anschreie oder Dinge sage, die mein Gegenüber verletzen. 
Ignorieren und abstreiten? 
Die Kinder verantwortlich machen? 
Oder dafür einstehen und mich für mein Verhalten entschuldigen?
Es schweigend für mich behalten oder mutig sein und jemandem davon erzählen? 
Grenzüberschreitungen und eigene Fehler werden somit besprechbar. Lösungen können gemeinsam gefunden werden und das ist ein durchaus gesunder Umgang mit Herausforderungen. Für einen selbst und die jungen Menschen, die uns als Vorbild sehen. 

Selbstkontrolle üben ist wohl eine Lebensaufgabe für uns alle. Mit dem kritischen und fehlerfreundlichen Blick auf mich selbst kann ich mich weiterentwickeln und lernen, das nächste Mal angemessen reagieren. Selbstreflexion, Intervision und Supervision sind hier hilfreiche Formate, um den Alltag nicht nur zu überstehen, sondern auch zufrieden den Schultag abschließen zu können.

Abschalten und gut auf sich selbst schauen sind wichtige Aspekte. Um morgen wieder neu zu starten. 

Diese Fragen und Impulse sollen Anlass geben, das Berufsleben im Schulalltag und im Kindergarten zu gestalten und in die Hand zu nehmen, beziehungsorientierte Strukturen zu stärken und sich in der Selbstkontrolle zu üben – zum Wohle aller, und am meisten für sich selbst. 

Christina Steixner-Buisson
Christina Steixner-Buisson

Christina Steixner-Buisson ist selbstständig als Supervisorin, Coach, Organisationsberaterin, Fortbildnerin zur Neuen Autorität und Schutzkonzeptetrainerin tätig.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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