Gemeinsam wachsen

Das naturnahe Gärtnern ermöglicht Kindern und Jugendlichen, durch aktives Tun und passives Beobachten ein Verständnis für Naturkreisläufe und -prozesse zu erlangen.

  • Woher kommen unsere Lebensmittel und was steckt hinter der Erzeugung von gesunder Nahrung?
  • Wie kann ich nachhaltig und ressourcenorientiert mit meiner unmittelbaren Umwelt interagieren?

Pädagogisches Ziel ist es, diese und weitere Fragestellungen gemeinsam zu klären. So werden Lernerfahrungen generiert, die essenziell für das Verstehen von ökologischen und ökonomischen Zusammenhängen sind. In Zeiten der Klimakrise ist es für Pädagogen*innen eine wichtige Aufgabe, diese Sachverhalte der heranwachsenden Generation nachhaltig vor Augen zu führen, damit diese gut gerüstet diese große Herausforderung der nahen Zukunft verstehen und meistern kann.

Beobachten und aktives Tun sollen der allgemeinen Entfremdung vom Naturkreislauf entgegenwirken. 

Zusammenhänge verstehen

Unsere Initiative „Patschamama“ („patchamama“ bedeutet in den indigenen Sprachen Quechua und Aymara „Mutter Erde“) setzt sich das Ziel, den Menschen in unserer Region die Natur wieder näher zu bringen. Beobachten und aktives Tun sollen der allgemeinen Entfremdung vom Naturkreislauf entgegenwirken und ein Bewusstsein für die Notwendigkeit schaffen, gemeinsam die ökologischen Krisen unserer Zeit zu bewältigen. Mit diesen Absichten haben wir im Frühjahr 2021 gemeinsam mit den Kindern und Pädagogen*innen des Patscher Kindergartens und Schülerhorts ein Hügelbeet erbaut und zusammen nachhaltig bewirtschaftet.
 

Hügelbeet Patschamama

Eine Steinmauer umrundet das Hügelbeet. Im Beet wachsen verschiedene Pflanzensorten

Was versteht man unter einem Hügelbeet? 

Ein Hügelbeet ist im Grunde genommen ein Hochbeet ohne Einfassung, das aus mehreren Schichten organischen Materials besteht. Hierfür werden Materialien aus dem eigenen Garten oder aus der Umgebung verwertet. Die Vorgänge im Inneren des Beetes sind vergleichbar mit denen in einem Komposthaufen. Durch den Verrottungsprozess werden Humus und eine langfristige Nährstoffversorgung aufgebaut. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Beeten besteht darin, dass ein Hügelbeet um ein Drittel mehr Anbaufläche bietet, eine höhere Wasserspeicherkapazität besitzt und die Erwärmung im Inneren des Beetes eine längere Vegetationsperiode ermöglicht. Gemeinsam wird ein sich selbst erhaltendes Ökosystem geschaffen, dass sich die Natur zum Vorbild nimmt und so wenig menschliches Eingreifen wie möglich erlaubt – ganz nach den Prinzipien des naturnahen Gärtnerns bzw. des Konzepts der Permakultur.

Durch den Einsatz einer Mischkultur von mehrjährigen und selbstaussähenden Pflanzen wird eine permanent bewachsene Fläche etabliert, die vor allem einen Vorteil gegenüber der herkömmlichen Monokultur bietet: Sie ist durch ihre Artenvielfalt wesentlich resistenter gegenüber Krankheiten und Schädlingen, was wiederum den Einsatz von Pestiziden hinfällig macht. Außerdem wird das Wachstum der Pflanzen durch die jeweilige Zusammensetzung begünstigt - gejätet wird nur, wenn es unbedingt erforderlich ist und durch die aufgetragene Mulchschicht kann auch auf das Gießen verzichtet werden.

Die Kinder sind schon beim Aufbauprozess miteingebunden.

Vielfalt der Natur erleben

Es wird von Beginn an als Gemeinschaft gearbeitet, die Kinder sind schon beim Aufbauprozess miteingebunden: Groß und Klein sammeln in der näheren Umgebung organisches Material wie Äste, Blätter, Kompost und Mist und legen diese Schicht für Schicht aufeinander.

Nach jeder Schicht versammeln sich alle auf dem Hügel und springen und hüpfen, was das Zeug hält. Durch die Verdichtung werden nämlich die nicht gewünschten Hohlräume beseitigt. Es wird jetzt auch schon allerhand Interessantes entdeckt! Egal ob Regenwurm, Assel oder Tausendfüßer, jeglichen Organismen wird Aufmerksamkeit geschenkt und alle werden auf das Genaueste begutachtet. Fremdwirkende Pilze, die die Oberflächen vom gesammelten Holz besiedeln, werden mit großen Augen bestaunt. Sie dienen als exzellente Vorzeigeobjekte, um den wichtigen Beitrag der Pilze als Zersetzer und Aufbereiter im Kreislaufsystem aufzuzeigen. Der Prozess der Umwandlung von pflanzlichen Stoffen zu Humuserde kann hier wirklich gut demonstriert werden.


Das Hügelbeet steht jetzt und was nun?
Das Saatgut und die Jungpflanzen werden organisiert! Damit die jungen Leute die Bedeutung der Pflanzendiversität kennenlernen, legen wir sehr viel Wert auf eine große Vielfalt an Pflanzenarten und -sorten, da gerade in diesem jungen Alter die Lernbereitschaft und anschließende Wertschätzung der Teilnehmer*innen am größten ist. Die kleinen Hände kribbeln schon vor Aufregung und alle können es kaum noch erwarten, dass endlich etwas wächst. Klitzekleine Sämchen, riesengroße Bohnen, Zwiebeln und Knollen werden nun am Beet ausgesät und gesteckt. Die kleinen Jungpflanzen werden mithilfe der Erwachsenen behutsam in die Erde gepflanzt und gewässert.

Nun heißt es, sich in Geduld zu üben, bis nach ungefähr 3 Wochen endlich die erste Kresse auf das Butterbrot gelegt werden kann! Im Steingarten, den wir noch zusätzlich an das Hügelbeet anlagern, sind dann alle Sinne gefragt: Gewürzpflanzen wie Rosmarin, Thymian und Majoran laden zum Riechen ein und lassen den Gaumen kitzeln. Pflanzen mit weichflauschigen Blättern – wie der Griechische Bergtee – bieten sich geradezu ideal an, den Tastsinn zu testen.
 

Kinder arbeiten mit Schaufeln und anderem Werkzeug auf einem Erdhaufen.
Beim Bauen des Hügelbeets wird allerhand Interessantes entdeckt.

Lokal & saisonal - gesunde Ernährung aus der Umgebung

Vom Frühling bis in den Herbst wird nun frisches Gemüse aus dem eigenen Garten geerntet. Wenn es die Schneedecke zulässt, kann auch im Winter das eine oder andere Schmankerl noch vom Beet und aus der Erde geholt werden. Das Erntegut wird entweder gleich direkt vernascht und gekostet oder zuhause in der Küche in feine Speisen verwandelt. Natürlich wird nicht jeder Geschmack als angenehm wahrgenommen, aber die Kinder erfahren so, was ihnen schmeckt und was nicht.


Im Frühjahr werden Spezialitäten wie die leicht scharfen Samenkapseln des Rattenschwanzrettichs oder die sauren Blätter verschiedener Ampferarten verkostet. Im Sommer lassen frisch geerntete Zucchini die Herzen höher schlagen. Die Topinamburknollen, die das ganze Jahr langsam im Beet heranreifen, müssen erst im Herbst aus der Erde gegraben werden, um dann daraus eine feine Suppe zu zaubern. Der sibirische Wildkohl, der problemlos frostigen Temperaturen trotzt, kann auch noch im Winter geerntet und als knusprige Ofen-Kohlchips genossen werden. Wenn etwas im Überfluss vorhanden ist, nehmen die Kinder auch etwas mit nach Hause und können so auch Eltern und Geschwister an der Freude teilhaben lassen.


In Kooperation mit den Vereinen „Welt der Kinder“ und „jung & weise“ wurden im Jahre 2021 noch zwei weitere Beete in Vorarlberg gebaut. An der Montessori Schule Ludesch und an der BG Blumenstraße Bregenz konnten wir gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen und Pädagoginnen die Anlagen realisieren.


Durch das stetig steigende Interesse sind nun auch weitere Projekte geplant, auf die wir uns schon mit großer Spannung freuen!

Das Hügelbeet im Frühjahr. Die ersten Pflanzen wachsen schon.
Vom Frühling bis in den Herbst wird frisches Gemüse aus dem eigenen Garten geerntet.

Kontaktanfragen für Alexander Huber und Maximilian Greier im k+lv Büro.
 

Alexander Huber
Alexander Huber

Alexander Huber ist Masterstudent der Mykologie (Pilze), Fachmann für essbare Wildpflanzen, Pilzzüchter und experimenteller Permakulturgärtner. 

Maximilian Greier
Maximilian Greier

Maximilian Greier ist Landschaftsgärtner und Bio-Landwirt in Patsch.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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